Vom Versuch eines Dialoges

Grundrechte in der Krise? Vom Versuch eines Dialoges

Es fällt nicht leicht, auf einen Menschen zuzugehen, der einen verletzt, beleidigt oder beraubt hat. Jeder kennt das aus seinem eigenen Leben. Im Sinne totaler Gerechtigkeit und absolutistischer Moral könnte man aus den Verletzungen radikale Konsequenzen ziehen, die Freundschaft kündigen und den Kontakt einstellen.
Mit etwas Lebenserfahrung weiß man, dass das nicht gut ist. Wir würden alle ein ziemlich einsiedlerisches Leben führen, wenn denn auch unser Gegenüber dieser radikalen Maxime folgte.

In der Corona-Zeit wurden uns seitens Politik, Medien und Kirchen viele Verletzungen zugefügt. Für Monate und Jahre sind wir elementaren Freiheiten beraubt worden. Kinder durften nicht miteinander lernen und spielen, Kranke mussten einsam sterben, Hochzeiten wurden abgesagt, Vereine, Büchereien, Kultur- und Sportstätten wurden geschlossen und für den Fall, dass wir mit zwei Teststreifen das Haus für ein Spaziergang verlassen, wurde mit behördlichem Schreiben sogar eine Zwangsunterbringung angedroht.

Wer deutliche Kritik an den unverhältnismäßigen Einschränkungen unserer Grundrechte geübt hat, wurde unverzüglich und ungegendert als Leugner, Schwurbler, Wissenschaftsfeind, Pandemietreiber, Covidiot oder Nazi gebrandmarkt.
Es fällt uns zuweilen immer noch schwer, Orte oder Menschen zu besuchen, die uns trotz Test, Maske und Rücksicht wegen einer fehlenden “Impfbescheinigung” zur Tür gewiesen haben. Und ja: Es kostet emotionale Überwindung, Menschen die die totalitären Maßnahmen eifrig mitgetragen haben zu einer respektvollen Diskussion einzuladen.
Wenn wir aber weiter (oder wieder) als Gemeinschaft zusammen leben wollen, kommen wir nicht darum herum, uns in die Augen zu sehen.

Wir haben es versucht 

Es hätte uns ehrlich interessiert, warum so drastische Maßnahmen ergriffen und lange aufrecht erhalten wurden. Es hätte uns interessiert, wie das “Team Vorsicht” im Nachhinein die radikalen Maßnahmen bewertet, es hätte uns ehrlich interessiert, warum die Impfung am Ende doch nicht vor Corona geschützt hat. Wir hätten gerne gewußt, wie gefährlich “das Killervirus” am Ende eigentlich gewesen ist.
Auch wir hätten uns der Kritik gestellt.
Waren wir unverantwortlich, als wir im Freien demonstriert haben? Für unsere Kinder illegale Geburtstagsfeiern organisierten und infizierte Familienmitglieder nicht abgesondert haben? War es verwerflich, wenn wir gegen die Corona-Verordnung verstoßen haben, um mit Ungeimpften Weihnachten zu feiern? Waren es wirklich die “Impfverweiger*innen” unter uns, die die tödliche Pandemie angetrieben haben?

“Keine Lust an der Veranstaltung teilzunehmen”

Wir haben viele Vertreter mit konträren Ansichten zu einem fairen Gespräch eingeladen:

Jakob Blankenburg, SPD und MdB für Lüchow-Dannenberg ließ durch ein anonymes “Team Blankenburg” mitteilen, dass er aus terminlichen Gründen nicht könne. Wir haben dann nach seiner Einstellung zur Impfpflicht gefragt und angeboten, ein Statement zu verlesen. Reaktion: Schweigen.

Julia Verlinden, MdB der Grün*innen aus Lüneburg ließ nichts von sich hören und sagte die Einladung erst auf Nachhaken 5 Tage vor der Veranstaltung ab, ohne einen Vertreter vorzuschlagen oder einen Mitarbeiter zu schicken.

Auch die SPD Bundestagsfraktion wurde angefragt: Schweigen

Wir haben die Gesundheitsminister Jens Spahn und Karl Lauterbach eingeladen und wieder gebeten, einen Vertreter zu benennen. Aus dem Büro von Lauterbach kam keine Antwort, Jens Spahn ließ höflich absagen, ohne einen Vertreter vorzuschlagen.

Die wendländische Wählergemeinschaft SOLI teilte uns immerhin ehrlich mit, dass niemand aus ihrer Gruppe mit ca 20 Mandatsträgern Zeit oder Lust habe an der Diskussion teilzunehmen.

Landrätin Dagmar Schulz hat uns auf Nachfragen persönlich geantwortet, dass sie leider nicht könne und ließ die Einladung an ihre drei Stellvertreter weiterleiten. Ohne Reaktion.

Eingeladen haben wir auch Vertreter der Kurve Wustrow, die sich stark für Bürgerrechte in anderen Ländern einsetzt. Wir hatten gedacht, das sei ein guter Gesprächsteilnehmer, der vielleicht eine vermittelnde Position einnehmen könne: Keine Reaktion.

Die Elbe-Jeetzel-Zeitung (EJZ) hätten wir gerne einordnend oder moderierend mit auf dem Podium gehabt und haben einen Redakteur frühzeitig eingeladen. Die Reaktion ist bekannt.
Eine Kleinanzeige mit einem Veranstaltungshinweis wurde mit einer Woche Verspätung und nur zum gewerblichen Preis geschaltet.
Statt eines (gerne kritischen) Portraits von Ulrike Guérot, erschien dann 4 Tage vor der Veranstaltung ein Verriss in Form einer Ankündigung mit falschem Termin. Lapidar teilt uns die Chefredaktion mit: “Auf eine Berichterstattung über die Veranstaltung verzichten wir.” Das steht der EJZ frei. Andererseits gibt es im Wendland nur selten offene Diskussionsveranstaltungen mit über 100 Teilnehmern. Eine zu Corona und Grundrechten gab es noch nie. An mangelnder Relevanz wird es kaum gelegen haben.

Die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg einzuladen, fiel mir am schwersten. Ich kenne viele Mitglieder und Vorstände persönlich, auch Küche, Garten oder kleinen privaten Sorgen (die natürlich privat bleiben). Gleichzeitig war die BI Umweltschutz die Organisation, die sich zuverlässig mit Diffamierungen zu Wort gemeldet hat, sobald wir etwas veranstaltet haben. Es war schwer, die einzuladen, aber es sind nette Menschen unter ihnen und wir haben gemeinsam nicht nur für einen Atomausstieg, sondern auch für Bürgerrechte und Demonstrationsfreiheit protestiert. Reaktion auch auf telefonische Nachfrage: Keine.
Aber vielleicht kommt noch etwas per Pressemitteilung.

Kommen wir zu “unserer Seite”. Die angefragten Personen verfügen in der Regel über kein Management, keinen Bürostab und antworten aus der heimischen Wohnung oder aus der Bahn.

Ulrike Guerot, Jens Fischer Rodrian und Jakob Heymann sind heute hier.
Dietrich Brüggeman (“alles Dichtmachen”), Michael Andrick (“im Moralgefängnis”) und Sebastian Barucker haben persönlich geantwortet und wären gerne gekommen. Zwei Menschen haben sich für die Einladung bedankt, aber Repressionen für den Fall befürchtet, dass sie teilnehmen würden.

Einen Politiker der AfD haben wir übrigens nicht einladen wollen.

Der gescheute Dialog

Für Politiker mögen Termine immer knapp sein. Da gilt es zu priorisieren oder eine Vertretung zu organisieren. Dass kritische Bürger ihnen ein Podium bieten, dürfte seltener vorkommen. Wahrscheinlich hatte schlich niemand Lust, für die umstrittene Politik einzustehen.
Dagmar Schulz hatte ich zwei offene Fragen gestellt und gebeten sie schriftlich zu beantworten, damit wir sie verlesen können: Welche zwei Dinge sind aus heutiger Sicht in der Corona-Kriese gut, welche zwei schlecht gelaufen? Antwort: Sie werde kein Statement abgeben.
Sie sagt es ehrlich. Niemand möchte ein Statement abgeben. Niemand an die Corona-Zeit erinnert werden, niemand zugeben, was falsch lief oder verteidigen, was getan werden musste.
Auch auf Bundesebene findet keine Analyse, Rückschau, oder Aufarbeitung statt. Auf jedes Uni Seminar schließt sich eine Evaluation an. Die größten Freiheitseinschnitte in der Bundesrepublik bleiben hingegen unreflektiert.
Das kann man so machen, sollte sich aber nicht entrüsten, wenn über 33 % der Wähler inzwischen eine nicht etablierte Partei wählen.

In den Corona-Jahren sind wir entrechtet, von höchsten Stellen diskriminiert und diffamiert wurden. Das war für viele von uns eine mitunter traumatische Erfahrung. Aber wir sind daran gewachsen, haben neuen Mut und neue gute Freunde gefunden und können in den Spiegel schauen.

Euch etablierten Politikern, Journalisten und Pastoren haben wir nichts getan.

Wenn es wirklich so ist, dass wir uns viel werden vergeben müssen, dann müsst ihr Euch einem Gespräch stellen.

Ihr könnt natürlich weiter schweigen, unser Angebot ausschlagen und uns von Seitenrand weiter als umstrittene “Querdenker*innen” und “Putinversteher*innen” diskreditieren. Mit dem nächsten Virus könnt Ihr dann versuchen, neue Panik zu schüren oder unsere Söhne gegen Russland zu den Waffen rufen.

Wir werden da nicht mehr mitspielen und Ungehorsam leben, uns weiter begegnen, Kultur, Musik und Lebensfreude in den Untergrund verlagern, aus der Kirche austreten und Gottesdienste selber feiern, die Zeitung kündigen und die Tagesschau ignorieren. Und dann sind wir auch weltoffen. Nicht nur Unternehmen, auch 270.000 Deutsche haben sich 2023 ein besseres Land gesucht.

Philipp

Philipp

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